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Krimi
In den nächsten Tagen spricht Taubmann mit niemandem.
Er zeichnet Eier auf Notizzettel.
Analysiert Dotter unter dem Mikroskop.
Hört seinen Toaster flüstern.
Dann – eine Erkenntnis:
Der Dotter ist ein kartografisches System – zarte Fäden durchziehen Kontinente aus Cholesterin; ein Plan, verborgen im Protein.
Das Eiweiß sendet verschlüsselte DNA-Botschaften – nicht nur als Profil für Strafverfahren.
Die Toastkruste enthält ein Morsealphabet, wenn auch schwer lesbar.
Seine Kollegen würden den Kopf schütteln.
Aber seine Katze frisst heimlich Frühstückseier.
Die Welt dreht sich weiter.
Wie ein gekochtes Ei bei entsprechendem Drehimpuls.
Nur Taubmann nicht.
Er erinnert sich an die Frage: gekocht oder roh? Das sei beim Ei oft die Frage. Durch einen kleinen Dreh lasse sie sich beantworten: Während das rohe Exemplar nur träge vor sich hineiere, richte sich die hart gekochte Variante elegant auf und drehe sich in rasanten Pirouetten. Wie? Weshalb? Das stelle laut seiner Tageszeitung für Physiker und Mathematiker nach wie vor eine harte Nuss dar.
Ihm schwindelt, als wäre er selbst das Opfer eines Experiments.
Ein halbes Jahr später, Psychiatrie Kennenburg, Station 3:
Taubmann sitzt an einem kleinen Tisch.
Vor ihm: ein Ei im Becher. Drei Minuten. Noch warm.
Ein Löffel liegt daneben.
Er lächelt.
„Ich weiß jetzt, was du bist,“ flüstert er. „Du bist alles.“
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