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von Silvia Ittensohn >>

Ich wollte mir nur schnell die Hände eincremen. Nach dem Putzen, versteht sich – sie trocknen sonst so schnell aus. Ein kleiner Tropfen, sparsam verrieben, damit die Tastatur bei der späteren Schreibarbeit nicht glänzt.

Dann der Kaffee. Die Maschine brummt, die Tasse füllt sich zur Hälfte – genau bis zur Rahm-Marke, wie ich sie mir einmal angewöhnt habe.

Ich greife zur Kapsel. Routine. Ziel: die Tasse.
Aber das Ziel gerät ins Wanken. Noch bevor ich ganz weiß, wie – ein Platsch. Weiß. Kalt. Direkt auf meine rechte Hand, die sich, zuversichtlich, über die Tasse geneigt hatte.

Der Rahm gehorcht keiner Ordnung mehr. Er fließt, rinnt, spritzt – über Finger, Arm, Theke, Backofenhalterung, tiefblaue Schrankfronten, den für Küchen ungeeigneten Parkettboden. Ein gesprenkeltes Panorama. Weiß auf Blau. Und dazwischen: Mein Ich zwischen Reiz und Reaktion.

Vielleicht folgte der Rahm einer tieferliegenden Ordnung – meiner eigenen. Einer, die Reize verzögert verarbeitet, die Signale verwechselt oder in Warteschleifen schickt. Erst die Handcrème, dann die Kaffeecrème, doch: nichts. Eine Taste gedrückt, aber keine Reaktion. Oder zu spät. Als wäre mein inneres Betriebssystem im Modus Stop and Wait gelandet.

Man sagt, das sei üblich in meinem Alter: Gedanken melden sich, aber ich bin gerade nicht erreichbar. Bitte versuchen Sie es später erneut. Vielleicht nach dem dritten Kaffee. Vielleicht nie. Mein Leben ist eine Schlummerfunktion mit Wiederholungsintervall.


18. Mai 2025
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