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Kurzgeschichten > Alltag
Estelle muss immer da sein, in Renés unmittelbarer Nähe. René will das so haben, denn er weiss, dass er ohne ihren Beistand nicht weiss, wo er ist und wo er hingehen soll. Es kommt aber vor, dass „Alzheimer“ so gemein ist und ihm dieses Wissen wegstielt; dann glaubt René zu wissen, wo er hingehen will, ohne Estelle, alleine, zielstrebig einem „Alzheimer-Ziel“ entgegen. Wieder ist es Estelle, die, mit grosser Geduld, Ziel und Zielrichtung ändern muss. Estelle muss immer! Tag und Nacht: Ziele ändern, vorausdenken, lenken, helfen und Angst haben es könnte etwas passieren.
„Wem Gott eine Aufgabe gibt, dem gibt er auch die Kraft dazu“, hat Estelle letzthin gesagt – sie ist 82jaehrig – eine zierliche, schöne Frau, fünfmal Mutter. Ein Ehe–, ein Familienleben: „bis der Tod uns trennt“ und: „füreinander, in guten und in bösen Tagen“. Für Estelle offensichtlich die Quelle der Kraft. Ich gebe ihr den Status einer Heiligen!
Und es gibt viele. Sie wirken im Hintergrund, stehen niemals auf einem Sockel; aber täglich an der Seite eines Behinderten, betreuend, helfend. Sie werden nie umjubelt, nicht auf Titelseiten gerühmt. Sie können sich nicht um ihre Aufgabe drücken, ihre Arbeitszeiten werden von keiner Gewerkschaft überwacht. Was immer man denken mag über solche Leute: es sind Helden! Sie opfern ein Stück ihres Lebens, oder mindestens ihrer Lebensqualität. Sie erfüllen eine Aufgabe, die in der allgemeinen Lohnskala nicht einmal erfasst ist und doch ganz oben hin gehörte, dort wo die Angesehenen, wichtigen und Wichtigtuer figurieren. Wenigstens ebenso angesehen zu werden verdienen sie und das nebst einer grossen Dankbarkeit unsererseits.


30. Januar 2015
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