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Kurzgeschichten > Gesellschaftskritisches

Kafkas Käfer

von Georg Ettlin >>

Kafkas Käfer sind vereinsamte Rentnerehepaare, die
in der Schweiz zum Beispiel ein Leben lang für eine
obligatorische Rentenversicherung einbezahlt haben,
um dann im hohen Alter von der Rente zu leben.
Da wegen den hohen Mietkosten die Rente zum Leben nicht reicht, bleiben sie um Geld zu sparen in der Wohnung. Dunkel gekleidet, rundlich und still, erleben sie eine Metamorphose, die sie zwingt, zum Beispiel an der linken oberen Ecke ihres Schlafzimmers sich gegenseitig wärmend bewegungslos aufzuhalten. Bei uns zwei war das so, dass
wir als rundliche, fette Käfer auch noch von allerkleinsten hungrigen, trockenen Spinnchen
aufgesucht wurden, die uns an der hinteren Oeffnung
in den Käferleib eindrangen, um uns das innerliche Gewebe und die Feuchtigkeit aufzufressen.
Aeusserlich unversehrt, machten wir in unserem schwarzen,
rundlichen und glänzenden Chitinpanzer einen wohlgenährten Eindruck.
Die Spinnchen konnten unsere Köpfchen nicht erreichen, da
der Durchgang vom Leib zum Kopf über die dünnen Hälschen
zu eng war. Bei vollem Bewusstsein hatten wir nun genügend Zeit zum Denken, Reden, Träumen und waren deshalb nicht unglücklich.
Aber auf der Strasse und im Stadtpark hätten rote Ameisen
an unseren hohlen Chitinpanzer geklopft und unseren leeren Hinterleib als Wohnung benutzt. Wir lieben uns aber und sind froh, wenn man uns in unserer warmen Schlafzimmerecke in Ruhe lässt....

***

c/G.E.


16. März 2015
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