| Kurzgeschichten > Gesellschaftskritisches |
 |
|
Spaziergang in der Stadt
von Radiokopf >>
Spaziergang in der Stadt
Graue, schwer herabhängende Wolken durchziehen den Himmel. Es sind keine Wolken die Regen versprechen, es sind unheilbringende Wolken der Modernisierung. Ausgespien von den unzähligen, meterhohen Industriekaminen, die in der Landschaft ragen, wie ausgedörrte Grashalme.
Hunderte Autos ziehen an mir vorbei, tausende von Menschen, wuseln durch die Strassen, halten, schauen in Schaufenster, gehen weiter, halten, warten bis die Ampel auf Grün schaltet, gehen weiter, halten, gehen weiter, halten, gehen weiter. Sie wirken wie kleine Blutkörperchen, die sich ihren Weg durch die Adern suchen. Scheinbar glücklich und stumpf für alles, was sie nicht direkt betrifft. Mechanisch verfolgen sie ihr Ziel, das sie in ihrem Wahn nach Konsum befriedigt. Am Abend sinken sie in ihr Bett, zufrieden mit dem Erreichten, ohne zu merken, dass sie keinen Schritt weiter gekommen sind.
An einer Haltestelle lächelt mich ein Plakat an, dass mir einreden will, Calvin Klein Unterhosen sind genau die Unterhosen die ich brauche. Angeekelt betrachte ich das profillose Model, das nur in Unterwäsche bekleidet dieses „Markenprodukt“ anpreist. Arme, oberflächliche Welt.
„Sieh mich an!“ sagt er mir. „Ich bin perfekt, ich habe einen makellosen Körper, vom Training gestählte Bauchmuskeln und ein perfekt symmetrisches Gesicht. Jede Frau will mich, jeder Mann will so sein wie ich. Sie werden danach streben, mich möglichst zu kopieren, so zu sein wie ich es bin. Doch sie werden nie so sein wie ich, du wirst nie so sein wie ich. Ich bin das Ideal, das neue goldene Kalb, dass die Menschen anbeten. Du wirst nie so sein wie ich!“
Richtig, ich werde nie so sein wie du. Arme oberflächliche |
|
|
Seite
von 6 |
|
|
| Kommentare (0) |
|
