Kurzgeschichten > Humor |
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blieb er wie angewurzelt stehen und traute seinen Augen nicht. In der Ferne sah er ein schneeweißes Kaninchen aufgerichtet ihn anblicken und in diesem Moment fiel ihm nur noch die Heilige Maria ein. Magnetisch von Maria angezogen, ging er, halb schwebend, auf das Wildkarnickel zu, das keine Anstalten machte, sich vom Stühlingerplatz zu entfernen. In seinem Kopf spielte das Wort "Braten" Ringelringelreihe. Das Karnickel nickte und Willy nahm Anlauf. In einer unbeschreiblichen Verfolgungs - jagd näherte er sich dem frechen Tier und setzte zum Fang - sprung an, wobei er mit Volldampf gegen die Herz-Jesu-Kirche prallte, die er bei der Hatz völlig übersehen hatte. Gekrümmt lag er am Kirchenschiff und hörte in der Nähe ein unverschämtes Gekicher, während das Kirchgemäuer verdächtige Geräusche des Verfalls von sich gab und sich augenblicklich Risse in den Kirchwänden bildeten.
Das ganze Ausmaß der Katastrophe hat man erst jetzt in der
Herz-Jesu-Kirche bemerkt, worauf sie umgehend geschlos - en wurde. Den Gläubigen der katholischen Gemeinde steht nur noch zum Anhören der Predigt ein 50-Stuhl-Gebetsraum zur Verfügung, ohne genau von der eigentlichen Ursache zu wissen.
Willy humpelte schwer enttäuscht zur Moltkestraße und wollte wenigstens seiner geliebten Malerin Ela ein Weihnachts - geschenk unterm Sperrmüllbaum legen. Die gebrochenen Rippen beachtete er nicht, zumal er sich endgültig "berlinreif" fühlte. Trotz großer Schmerzen hangelte er sich über die Steiltreppe zum Dachdepot, in der finsteren Hoffnung, ein
Geschenk für seine Ela zu ertasten. Als er eine Stehlampe mit
Messingbeschlägen beim Wickel hatte, kam ein leiser Hoffnungsschimmer der Freude in ihm hoch. Er zerrte einmal
kurz und flog samt Lampe mit lautem Getöse die Treppe runter.
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