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Kurzgeschichten > Humor

Der teuerste Zeichenblock der Welt

von Dieter Raedel >>

Wir waren noch sehr jung und voller Ideen und leerer Kassen. Damals noch in der Theaterwelt ansässig, kam ich auf den Einfall, in einer Kneipe porträtieren zu wollen. Ein leerer DIN A 3 - Zeichblock und ein DIN A 4 - Block sowie Bleistifte verschiedenster Härtegrade, warteten auf die Modelle. Wir suchten uns die gut besetzte Eckkneipe Dimitroffstraße (jetzt Danziger) Ecke Prenzlauer Allee aus und platzierten uns im hinteren Teil des Restaurants neben dem Toiletteneingang. Meim Kumpel André sollte als Anmache porträtiert werden. Der Kellner kam und wir bestellten zwei Mineralwasser. Nun begann ich zu zeichnen und der Kopf meines Kameraden nahm langsam Gestalt an. Es dauerte gar nicht lange und der erste Gast blieb an unserem Tisch stehn.
"Nich schlecht. Wenn de willst, kannste mir och malen. Wat kostet dette ?"
"Zwee Schnäpse und nen Zehner."
"Wende sein Kopp fertig hast, rufste mir."

Nach 5 Minuten gab ich Bescheid und Kandidat Nummer eins saß Modell."
Kaum war der Mann an seinem Tisch, kam der nächste Kunde angesockt und wir lebten auf. So ging das immer weiter. Zum Schluss waren wir voll wie die Amtmänner. Beim Zeichnen sah ich die Gäste und die Bleistifte doppelt und die Porträtierten glichen mal einer Kasperpuppe, mal ner Runkelrübe und mal ner Murmel. Da anscheinend den Gästen inzwischen auch der Sehnerv gestört war, gab's für die Scharlatanerie nur dankbare Ehrungen, die mit Stolz entgegegengenommen wurden. Die Mineralwasser mussten wir nicht bezahlen. Als gefeierter Meister der Grafik verließ ich die Kneipe, ohne eigentlich genau gewusst zu haben, was für Krikelkrakel ich da produziert hatte.
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