Kurzgeschichten > Menschen |
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etwas zu konzentrieren oder über ein kompliziertes Thema nachzudenken. Ich könnte sogar sagen, er wirkte würdevoll, so wie er dort saß. Vor ihm auf dem Boden stand ein kleines blaues Körbchen aus Plastik. Ich ging vorbei, aber sein Anblick brannte sich vor meinem inneren Auge ein. Wieso saß er dort? So wie der aussah hätte er eben so gut in einem Cafe sitzen können. Er sah noch nicht mal aus wie ein normaler Bettler. Was war ihm zugestoßen, dass er nun dort saß und bettelte. Am Bahnhof angekommen, musste ich feststellen, dass es keine Schoko-Muffins gab, nur welche mit Heidelbeeren, aber die mochte ich nicht. Also ging ich einen Stock höher und kaufte eine Zeitung für meinen Lebensgefährten. Ich schnappte die Zeitung und behielt das Restgeld in der Hand, so machte ich mich auf den Heimweg. Schon vom weiten konnte ich ihn sehen, wie er immer noch da saß. In meiner Hand die Münzen, mit denen ich die ganze Zeit spielte. Er kam immer näher. Immer noch ruhten die Hände auf den Knien und auch der Blick war unverändert. Nur noch wenige Schritte war ich von ihm entfernt und die Münzen bereit in dem Plastikkörbchen zu landen. Doch plötzlich schaute er hoch. Auf einmal begegneten sich unsere Blicke und mich schauten zwei weise und sehr traurige Augen an, die klarer hätten nicht sein können. Augen voller Kraft und Stolz. Fast wäre ich stehen geblieben. Für Sekunden starrten wir uns an. Ich beschleunigte meinen Schritt und ging weiter, die Münzen in meiner Hand. Schon hatte ich ihn hinter mir gelassen. Ich öffnete die Hand und schaute auf die Münzen hinab. War ich zu feige oder er zu stolz?
15. Mai 2005 |
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