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Gelotologie über Feldhasen
von Georg Ettlin >>
Es ist für mich unheimlich zu sehen, dass
Tiere nie lachen. Sie lachen auch nicht heimlich.
Sie lachen nicht innerlich.
Die natürliche Reaktion auf komische
Situationen löst bei Tieren kein
Lachen aus. Doch das Leben der Tiere
ist voll von komischen Situationen, die
durch das tierische Nichtverstehen
von logischen Zusammenhängen ihnen eigentlich
als komisch erscheinen müssten.
Politik und Religion sind durch das Lachen
bedroht, Feldhasen aber nicht. Trotzdem lachen sie
nicht, wenn sie mich sehen, wenn ich sie streichle und füttere
oder wenn der Schuss des Jägers sie nicht trifft.
Als Kind aber musste ich beim unter Lachverbot stehenden
Kirchenbesuchen oft das Lachen unterdrücken,
weil ich dort alles als komisch empfand. Ich dachte,
um Gott lieben zu können müsste er eigentlich auch lachen
können, wie ich. Die ernsten grossen Augen des
Gemeindepfarrers erinnerten mich an meinen Feldhasen,
der in meiner häuslichen Gefangenschaft mich
aus seinem riesigen Hasenauge anschaute: Er mochte mich,
lachte aber nicht, auch wenn ich ihn fütterte und streichelte.
Er blieb ernst wie Gott, beobachtend, ohne Einflussnahme
auf mein Schicksal und mein zartes,
durch Humorlosigkeit gefährdetes Kinderleben.
***
c/G.E.
16. September 2013 |
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