Haus der Gedanken
von Harald (Tom) Gressel >>
Haus der Gedanken
Ich gehe durch den Wald.
Eine milde Brise streift mein Gesicht,
die Sonne zeigt sich zwischen den Wolken,
und Emma läuft an meiner Seite.
Wir beide sind heiter,
teilen diesen stillen Augenblick.
Und während wir gehen,
kommen mir Gedanken an Begleitung:
Was begleitet mich wirklich?
Wer, wann, warum?
Emma ist da –
ihre Freude am Gehen,
am gemeinsamen Sein,
ist eine leise Antwort.
Ich spüre auch die Begleitung der Eindrücke:
das Licht, das durch die Bäume fällt,
das Rauschen im Blätterdach,
das vereinzelte Lied eines Vogels,
die Stille, die Raum schenkt.
Und es begleiten mich die Jahre,
die hinter mir liegen.
Jahre der Heilung,
Jahre des Ringens mit Krankheit und Angst,
Jahre, in denen mir Schreiben und Bücher, Fenster öffneten,
Gedanken, Bilder, die Spuren in mir zeichneten,
Bilder, die blieben.
Da taucht in mir ein Haus auf,
ein Haus mit vielen Stockwerken,
mit Fenstern und Türen,
alle nur einen Spalt weit geöffnet.
Manche lassen Licht herein,
manche führen Dunkles hinaus,
andere warten noch darauf,
dass ich sie entdecke.
Aus einem Fenster lockt ein Buch,
ein Satz von Don Miguel Ruiz –
„Die vier Versprechen“.
Ein anderes Fenster erinnert mich an Hesse,
an den Steppenwolf,
der mich tief in mein Inneres blicken ließ,
bis zur Angst, bis zur Klarheit.
?
Ein Spalt eines Fensters offen,
mit Bildern des Weges Buddhas,
Robert Seethalers »Trafikant« lässt Freud kurz herein,
Inspiration von Bruno Bruni und Monet
führen den Pinsel, in Farbe tauchen,
eigene Illustrationen entstehen.
Ich bleibe stehen vor solchen Fenstern,
öffne sie weiter,
lasse Wind und Duft herein,
nehme Worte mit,
die mich tagelang, wochenlang beschäftigen.
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