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Eine sackstarke Geschichte
von Vismara Rudolf >>
Er war gross und sah erwartungsvoll über die prallvollen Papiertüten hinweg, die er mit beiden Armen vor seiner Brust trug. Es waren derer zwei oder drei, einige Male sties er sie mit den Knien hoch, um ihr Hinunterrutschen zu verhindern. Es fiel mir wohl deshalb auf, weil es hierzulande unüblich ist, Lebens-mittel so zu transportieren, es war eher die Art wie in amerikani-schen Filmen Familienväter und Mütter ihre Einkäufe vom Auto ins Haus zu tragen pflegen. Und meist sind es dort nur wenige
Meter, denn mehr halten solche Papiertüten wohl nicht aus
Der Mann befand sich jedoch nicht in einer Kleinstadt im mittle-ren Westen der Vereinigten Staaten, sondern an einer Strassen-bahnstation mitten in der Stadt Zürich. Meine Frau Anita und ich
sassen in einem Wagen der Nummer Sieben, die eben erst eingefahren war. Vor uns eine junge Frau mit platinfarbenem Haar und neben ihr ein Mann mit rosigem Gesicht und einem
Bürstenschnitt.
Es war einer jener lauen Februartage, von denen jeweils am
Abend der Meteorologe sagt, er sei im statistischen Durchschnitt
um einige Grade zu warm gewesen. Alle schauten wir ahnungs-los aus dem Fenster als es geschah. Entweder entglitten ihm die
Papiersäcke oder sie rissen entzwei, jedenfalls fiel die ganze Fracht abwärts und prallte auf dem harten Asphalt auf. Was
rund war rollte, hüpfte,kollerte und das andere blieb einfach liegen. und vieles war rund. Orangen, Äpfel, Tomaten, ich konnte
gar nicht alles erkennen, denn es ging sehr schnell. Ich war in erster Linie vom Gesicht des Mannes fasziniert, ich glaube, noch nie in meinem Leben ein so entsetztes Gesicht gesehen
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