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Sie verschwindet. Wohin wohl? Vielleicht zum Campus Irchel, zu Biotechnologie und Fermentationsprozessen, zu „Optimizing Bioprocessing“. Vielleicht in eine Kinderkrippe. Vielleicht in ein Konzernbüro. Ihr Becher jedenfalls heißt „Rambler Stronghold Mug“ – „für Menschen, die viel unterwegs sind“. Rambler, das kann Wanderer heißen. Oder Schwafler. Oder ein einstöckiges Haus im Rancho-Stil.
Genug des Palavers. Die junge Frau ist fort. Es bleibt das Wort Rambler. To ramble – umherschweifen. So nennt man auch eine Kletterrose: wild, biegsam, zehn Meter hoch. Sie blüht einmal im Jahr und trägt viele Hagebutten. Ihre kleinen, wildrosenartigen Blüten stehen dicht; mit ihrer Pracht überschüttet sie die Welt, wenn man sie sich selber in naturnahen Gärten überlässt – ohne übermäßige Pflege, ohne Dünger.
Die junge Frau mit den ungewöhnlichen Zöpfen ist womöglich selbst eine Rambler-Rose: umherschweifend zwischen Technik und Natur, Hightech und Milch, Edelstahl und Eigenleben. Und vielleicht war das, was da säuerlich roch, gar kein Missgeschick, sondern ein Triumph – ihr kleiner Privatversuch in Fermentation.
Ramble, ferment, fabulate. Aus Kalifornien kommt nicht nur die Marke Yeti, sondern auch die Idee, Fermentation als „community-orientierte Praxis“ zu begreifen – das klingt politisch-spekulativ. Jane Bennett nennt das „vitalen Materialismus“: Dinge, so meint sie, tragen ihre eigenen Potenziale, Tendenzen, Agenten in sich. Fermentieren als soziales Transformationsprojekt, als thing-power – klingt so wirr wie das ökofeministische Kitchen Council Communist Manifesto: „When we fight together, we must eat together.“ |
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