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Gekreuzte Striche

von MirSelber >>

Der Telefonhörer entglitt meinen Fingern. Nein, es konnte nicht sein! Das konnte einfach nicht stimmen! Langsam, unendlich langsam sank ich an der Wand entlang zu Boden. Meine Augen starrten glasig auf den Teppich zu meinen Füssen, nahmen gar nicht wahr, dass gerade eine kleine Spinne über dessen rot-weißes Karomuster krabbelte. Es war mir ega- alles war mir egal. Einfach alles. Unser Wohnblock hätte in die Luft fliegen können; es hätte mich nicht gekümmert. Das Einzige, was zählt, war er. Er, der nicht mehr da war. Er, der irgendwo auf einer dunklen Strasse unter einem fremden Auto lag. Die Gliedmassen in unwirklichen Winkeln abstehend, mit einem Ausdruck des Entsetzten auf seinem hübschen Gesicht. Ich konnte das grausige Bild nicht aus meinem Kopf verbannen. Es drängte sich mir auf, nahm immer schrecklichere Formen an. Ich würgte. Schnell zog ich mich an der Toilette hoch und erbrach mich in die Schüssel.
Ich weiß nicht, wie lange ich so da kauerte, die Knie fest an den Leib gezogen, die Arme um meinen Oberkörper geschlungen. Allmählich versiegten die Tränen. Nur die getrockneten Spuren meines Make Up’s erinnerten daran, dass ich geweint hatte. Mit einer zitternden Hand strich ich mir einige Haarsträhnen aus dem Gesicht. Sie waren leicht feucht und rochen noch nach dem neuen Shampoo, mit dem ich sie heute Morgen gewaschen hatte. Der ganze Tag kam mir so unwirklich vor.
Heute früh noch hatte ich neben ihm im Bett gelegen, seine Wärme und Nähe gespürt, den Geruch seiner Haut tief eingeatmet. Wir hatten uns über unsere erste Verabredung unterhalten.
Wie gentleman-like er damals gewesen war. Richtig süß hatte er sich um mich bemüht, mir die Tür aufgehalten und den Stuhl zurecht gerückt. Ich war mir vorgekommen, als sei ich eine Prinzessin.
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