Kurzgeschichten > Familie |
 |
|
war es mein Körper, der hätte schmerzen müssen, doch ich fühlte ihn nicht mal - nur mein Herz. Aasgeier hatten sich darum versammelt und rissen sich gegenseitig mit ihren spitzen Schnäbeln die besten Stücke aus dem Rachen. Die Amsel war tot, das zu erkennen, brauchte es nicht viel. Ihr kleiner Leib war regelrecht zerschmettert und die Flügel standen in unnatürlichem Winkel vom Rumpf ab - nur die Augen - sie waren noch geöffnet und es roch nach Blut. Ich fühlte mich, als hätte ich einen Eisberg verschluckt, der sich nun langsam schmelzend in meinem Inneren ausbreitete. Zitternd packte ich die Amsel wieder in den Pappkarton und beschloss, sie zu beerdigen. Das war das Mindeste, was ich tun konnte - den Fleck an der Wand würde ich später wegmachen. Sollte Vater vorher zurück sein und mich deswegen nochmals in die Mangel nehmen ... egal, das würde jetzt auch keinen großen Unterschied mehr machen. Der Himmel schien mit mir zu weinen, also nahm ich meinen Regenschirm, packte den Karton in eine Plastiktüte, klemmte ihn auf den Gepäckträger meines Fahrrades und fuhr los. Hier in unserem Garten, so dicht bei ihrem Mörder, wollte ich die Amsel nicht begraben. Das nahe gelegene Waldstück schien mir ideal - zurück nach Hause, wenn man so wollte. Als ich an der neuen Grünanlage vorbeikam, die vor kurzem im Ort eingeweiht worden war, dachte ich, es sei eine gute Idee, der Amsel einen kleinen Blumengruß mit in ihre Kiste zu legen. Überall standen "Betreten verboten!" - Schilder herum, aber ich achtete darauf, dass mich keiner sah. Mir fiel ein, dass der kleine Vogel wohl niemals mehr die Sonne sehen würde, deshalb entschied ich mich für eine gelbe Narzisse, auch, wenn ich |
 |
zurück |
Seite
von 7 |
|
 |
Kommentare (0) |
|