Kurzgeschichten > Familie |
 |
|
damals natürlich nicht wusste, um was für eine Blume es sich handelte, aber sie sah einfach so wunderbar nach Sonnenschein aus. Als ich einige Zeit und viele Tränen später das kleine Grab wieder mit Erde zugedeckt hatte, regnete es immer noch. Ich war klitschnass, aber ich bemerkte es kaum. In meiner Vorstellung drang das Wasser tief genug in den Boden hinab, um den ganzen Karton aufzuweichen und die Amsel, obwohl bereits tot, auch noch zu ertränken. Ich weiß, ein dummer Gedanke, aber als Kind sah ich das so und deshalb spannte ich meinen Regenschirm auf, legte ihn schützend über die Stelle, an der ich den Vogel begraben hatte und hoffte, es würde eine Weile dauern, bis jemand den Schirm finden und mitnehmen würde. Dann fuhr ich nach Hause und beseitigte die Spuren an der Wand.
* * * * *
Was einem so einfällt, wenn man in ein offenes Grab blickt ... Schon komisch, aber irgendwie hatte die Holzkiste mich an den Pappkarton erinnert ... Als wollte der Himmel mir ein Zeichen geben, fing es auf einmal zu regnen an und um mich herum spannten alle ihre Regenschirme auf. Dem nicht genug, trat plötzlich eine mir unbekannte, alte Frau aus der Menge, einen Strauß gelber Narzissen in der Hand und kam mit unsicheren Schritten auf mich zu. Etwas längst Vergessenes schien sich jäh aus dem tiefsten Punkt meiner Seele nach oben zu wühlen, unaufhaltsam und immer höher. Mein Magen verknotete sich, meine Kehle fühlte sich an wie Sandpapier und meine Knie hatten Schwierigkeiten, mein Gewicht zu tragen.
"Mama ...?" Ungläubig starrte ich die zerbrechlich wirkende Frau an. Sie sagte nichts, blickte mich nur wehmütig an, nahm mich in ihre Arme und gemeinsam begannen wir zu |
 |
zurück |
Seite
von 7 |
|
 |
Kommentare (0) |
|