writtenby.ch - Freies Texte Portal

Startseite

Texte
Kurzgeschichten
Lyrik
Romane
Experimentelles

Suchen
Texte
Autoren

Autorenbereich
Publizieren
Registrieren
Regeln

Writtenby
Datenschutz
Gönner werden
Impressum & Kontakt
 
Kurzgeschichten > Geschichtliches
die Augen sind weit aufgerissen und die Zunge hängt heraus. Meine Mutter wird von zwei Männern gepackt und auf den Boden geworfen. Ein anderer Mann spreizt ihr die Beine auseinander. Sie schreit wie am Spieß. Ich will ihr zu Hilfe kommen, aber da ist ein riesiger Mann, der sich zu mir umdreht und mit dem Schwert weit ausholt.

Die Zeit scheint still zu stehen und trotzdem geht alles so schnell. Mein Blick wandert von seinen Augen, in denen ein eigenartiger Ausdruck liegt - eine Mischung aus Bedauern und Entschlossenheit, Sadismus und Melancholie - zu seinem Schwert, das wie in Zeitlupe auf mich zukommt. Ich spüre einen harten Schlag, ausgeführt mit einer immens großen Wucht. Dann ist alles so sonderbar, etwas saugt an mir, es wird eng und dann wieder weit, bis ich mich auf einmal sehr leicht fühle, irgendwie befreit und schwerelos. Ich sehe mich selbst, den dünnen, braunen Körper eines Indio-Jungen, seltsam verdreht neben meiner Mutter liegen, die sich am Boden windet. Sehe meinen eigenen Kopf über den Boden rollen. Mein Vater, meine Geschwister, die Nachbarn, alle erleiden dasselbe Schicksal.

Keiner aus dem Dorf überlebt das Gemetzel. Sie ziehen plündernd von Hütte zu Hütte. Nichts. Kein Hinweis auf Gold oder andere Schätze. Kein Alkohol. Kaum Lebensmittel. Frustration und plötzliche Müdigkeit mischen sich in den abflauenden Blutrausch. Als der gesamte Tross lagert, betrinken sie sich mit dem Rest ihrer mitgebrachten Branntweinvorräte und schachern um ein paar wertlose Beutestücke. Ihr Feldherr ist ein Offizier aus Pizarros Heer. Ausgemergelt, die einst weiße Halskrause verdreckt, der Harnisch blutbeschmiert, sitzt er in seinem Zelt und wartet auf eine der Huren,
zurück
Seite von 4
Kommentare (0)