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Zuerst also selbst geben?
von Frederic Weiss >>
Bleiche Sichel.
Säbel. Mond.
Wolken teilst du.
Und Fleisch.
Hätte er sie denn nicht heiraten sollen? Damals, als meine Mutter starb, war es doch naheliegend, ihre Schwester zu ehelichen. Wir Kinder benötigten eine Ersatzmutter und meine Tante war alleinstehend, nachdem ihr Mann sie wegen ihrer vermeintlichen Unfruchtbarkeit verlassen hatte. Sie mochte uns von Anfang an nicht, obwohl wir doch von ihrem Fleisch und Blut waren. Vielleicht konnte sie überhaupt keine Liebe geben. Mit Kindern umzugehen war ihr jedenfalls nicht gegeben. Oder aber sie war so verbittert, dass sie diese letzte Chance in ihrem Leben gar nicht mehr annehmen konnte oder wollte. Mit meinem Vater verstand sie sich jedenfalls nicht besonders. Ständig lag sie ihm wegen Geldsorgen in den Ohren, obwohl er als Schmied genug verdiente, um uns alle durchzubringen. Schließlich wurde auch mein Vater mürrisch und verschlossen und nur wenn er mit anderen Männern zusammensaß - das Mundstück der Nargileh in der Hand und dabei genießerisch inhalierend - und den Ausführungen des Geschichtenerzählers lauschte, scheint er eine kurze Zeit glücklich und zufrieden gewesen zu sein. Die Wasserpfeife und der süße Tee und die Stimme des Erzählers rückten seinen Alltag in weite Ferne, wenn auch nur für wenige kostbare Stunden. Mich schien meine Steifmutter am allerwenigsten ausstehen zu können. Ich war der Schmutzigste und Unerzogenste von uns Geschwistern. Ich war ihr immer im Weg, ich aß ihr zuviel, arbeitete zu wenig. Sie rechnete mir vor, mit welchem Betrag ich täglich ihren Haushalt belastete. Dabei sehnte ich mich so sehr nach der Liebe meiner leiblichen Mutter, nach einer fürsorglichen und zärtlichen Hand. Ich |
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