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Kurzgeschichten > Gesellschaftskritisches
Energisch warf sie die Haare zurück, packte den Henkel ihrer Tasche fester, sodass er ihr nicht mehr von der Schulter rutschen konnte und beschleunigte ihren Schritt. Die Treppenstufen nahm sie leichtfüßig, so wie immer. Zielsicher steuerte sie auf den Fahrplan zu und erfasste mit einem Blick, dass sie trotz dieser späten Stunde nur zehn Minuten warten musste. Ohne besondere Freude nahm sie dies zur Kenntnis, sie hatte es nicht anders erwartet. Sie begann auf ihren Lippen zu kauen, bei ihr immer ein Zeichen von Ungeduld oder Nervosität. Sie ließ den Blick schweifen und erschrak, also sie einige Meter vor sich einen Mann auf den Gleisen sitzen sah, vollkommen reglos und mit einem Blick, als wäre er nicht von dieser Welt. ‚ein Geisteskranker!’ dachte sie im ersten Moment und wollte sich schon wieder umdrehen und die Treppenstufen wieder hinaufsteigen, als der Mann plötzlich aufstand, wieder auf den Bahnsteig kletterte und sie anschaute. Erst jetzt sah sie die Augen dieses Mannes und alles was sie sah, war Schmerz. Es war, als wenn zwei Sonnen auf sie einbrannten, zwei Sonnen aus hellgrauen Augen mit grünen Tupfern darin. Sonnen die um Hilfe schrien. Ein mulmiges Gefühl machte sich in ihr breit. „Was ist denn los?“ fragte sie zaghaft. Der Mann schien sie nicht zu hören. Er schaute sie jetzt nicht mehr an, sondern an ihr vorbei. „das Messer! Wo ist es? Schneller, schneller, er kommt!“ Er wankte an ihr vorbei und fiel hinter ihr auf die Knie. Als sie sich umdrehte, war sein Oberkörper nach vorne gekippt und die Arme auf dem Boden ausgestreckt wie zum Gebet. Sie ging einen Schritt auf ihn zu und fühlte sich auf einmal schlecht dabei, zu stehen, während er zu ihren Füßen lag.
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