Kurzgeschichten > Gesellschaftskritisches |
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Sie setzte sich auf den Boden neben ihn und streckte eine Hand aus, um ihn zu berühren, zögerte aber dann doch. Jetzt schien der Mann sie zu bemerken. „Er ist tot!“ flüsterte er und sank noch weiter in sich zusammen. Sie überlegte aufzustehen, davonzulaufen und diesen Mann zu vergessen aber irgendetwas in ihr hielt sie zurück. „Wer?“ fragte sie, ebenso leise wie der Mann. „Wer ist tot?“ „Zu langsam, muss schneller sein, schneiden, schneiden, er muss ab!“ murmelte der Mann mit weit aufgerissenen Augen.
Sie verspürte auf einmal den Drang, sich neben ihn zu legen. ‚Quatsch’ dachte sie. ‚Was ist denn los mit mir? Dreh ich jetzt auch schon durch?’ Aber der andere Teil in ihr brachte sie dazu, die Hand auszustrecken und ihn am Arm zu berühren. Er zuckte unter ihrer Berührung zusammen. Plötzlich packte er ihren Arm, klammerte sich daran fest und schrie „ZU LANGSAM! Ich bin zu langsam!“ Sie erstarrte vor Schreck, doch der Mann ließ sie schon wieder los und stand auf. Auf einmal schien er es eilig zu haben. Blind taumelte er vorwärts. „Er lebt, muss helfen, er lebt!“ stieß er hervor und stützte sich an einer Bank ab. Sie stand auf. In sicherer Entfernung und nur sehr zögerlich folgte sie dem Mann. Erst jetzt sah sie, dass auf der rechten Seite seines Hemdes ein roter Fleck war. Ein Schauer lief ihr über den Rücken, aber die Stimme in ihr, die ihr befahl dem Mann zu folgen war stärker als ihre Angst. Der Mann beschleunigte seinen Schritt immer mehr und ließ sich dann mit einem Aufschrei zu den Schienen hinunter fallen. Sie trat noch einen Schritt nach vorne und was sie dann sah, ließ ihr das Blut aus dem Gesicht weichen und das Atmen vergessen.
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