Kurzgeschichten > Menschen |
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mitbrachte, das Taschentuch, mit dem er die Linsen seines Fernrohres putze. Doch langsam wandelte sich der Schmerz der Ohnmacht zur Trauer und diese zur Wehmut. Die Wut auf das Leben und das, was man als Schicksal bezeichnet, relativierte sich und machte einer, wenn auch melancholisch gefärbten, Dankbarkeit Platz. Ich durfte für eine kurze und überaus wertvolle Zeit einem Menschen so nahe sein. Ich bin gemocht worden, um meiner Selbst willen und ich war fähig, diese Liebe zu erwidern.
Wissen Sie, zu was ich mich daraufhin entschloss? Ich ließ mir mein Resthaar ganz kurz schneiden und akzeptierte endlich meine Kahlköpfigkeit. Auch der armselige Bart fiel der Klinge zu Opfer. Manchmal komme ich mir zwar wie ein alter Uhu (Bubo bubo) im Zoo vor, der ein materiell gesichertes, doch emotionell verkümmertes Leben in einem Gehege führt, aber es scheint mir, als ob jemand die Käfigtür geöffnet hätte. Ab und zu verlasse ich nun meinen Käfig. Etwas zaghaft noch. Flügelschlag um Flügelschlag. Aber immerhin. Denn es ist auch äußerlich einiges ins Rollen gekommen: die Stadtverwaltung hat unlängst beschlossen, das Naturschutzgebiet als zusätzlichen Tourismusmagnet aufzubauen, ein Informationszentrum und festgelegte Wanderrouten anzulegen. Man trat an mich heran, um mich als quasi Sachverständigen für das Projekt zu gewinnen, mich zur Mitarbeit zu bewegen. Ich würde Führungen veranstalten, Lichtbildvorträge halten, über mein Lieblingsthema referieren können. Wie? Rosige Zukunftsaussichten? Ja, noch ist zwar nicht alles ausgereift, aber wir werden sehen.
Einen Eisvogel? Hier? Alcedo atthis? Nein, nur ab und zu, seit das Steilufer des kleinen Baches nicht mehr existiert, sind |
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