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Kurzgeschichten > Menschen

Hölderlin an der Waschmaschine

von Funkenflug >>

Warum nur fragt man mich heute so oft nach ihm? Er las Bücher und versorgte seine Wäsche selbst. Noch heute, für mich ärgerlich, preist meine Frau Hölderlin als Vorbild, weil sie ihn einmal bei der Vorbeifahrt im Waschsalon sah. Er, der wolkige Poet, zeigte einer Türkin gerade, in welche Kammer über der Trommel sie das Pulver schütten muss.
Wie ich Hölderlin kennenlernte? Durch die Zeitung. Nach Jahren ohne Kunst hatte ich das Bedürfnis, Menschen zu treffen, die schreiben. Schon vor Jahren war ich total von der Kunst abgekommen. Früher war ich nämlich Tänzer. Drei Jahre Ausbildung (meine sexuellen Erfahrungen hatte ich in jener Zeit). Dann zwei Revuen in der Provinz. Noch heute mag ich Talkum nicht riechen. Und, huuh, dieses knirschendes Geräusch an der Balancierstange, wenn man sie fester fasst! Sie fragen, ob ich Hölderlin unterstützt habe? Sie meinen, ich hätte doch für ihn Korrektur lesen können oder seine Sachen abschreiben, so wie Peter Gast für Nietzsche. Aber ich wusste doch gar nicht, dass er etwas Ähnliches wie Nietzsche war. Er konnte nicht mal gut Autofahren. Hölderlin war, das gebe ich zu, höflicher als ich. Ich liess mir von ihm erklären, wo unser Treffpunkt lag. Meinen Stadtplan mochte ich dafür nicht extra hervorholen.
Einmal habe ich aber doch etwas für ihn getan. Ich bestand darauf, einige Gedichte unserer Literaturgruppe zusammenstellen. Da aber einige Buchstaben meiner Schreibmaschine "hängen", war Hölderlin mit dem Ergebnis nicht zufrieden. Einst sassen wir im Erfrischungsraum des Kaufhauses und ich wollte ihm, der sonst mich bedient hatte, dieses eine Mal Tee aus dem Automaten holen. Ich war dann so schusselig, dass ich uns beiden
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