Kurzgeschichten > Menschen |
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weil sie von einem Gift nur einen Minitropfen im Essen haben. Das ist doch das Besondere am Gift, das es in kleinen Dosen wirkt.“ Esthes muss lächeln. Ihr Finger fühlt sich an, als ob er doppelt so dick wäre, wie er ist.
„Wandert der Schmerz?„ fragt Omar.
„Ja, ganz langsam!“
„Sag mir Bescheid, falls er den Kordelrand überschreitet. Was ich nicht glaube,“ betont er und zieht an den beiden herunter hängenden Stoffbändern. Die Europäerin spürt wie die Lymphknoten in ihrer Achsel dick werden.
„Mein Lymphsystem scheint auf vollen Touren zu laufen,“ erklärt die Leidende. „Mein Arm ist ganz heiß, aber schmerzfrei.“ Das sei alles ganz normal, kein Grund zur Beunruhigung. Omar wickelt ihre Hand in ein Handtuch. Falls der Schmerz den Kordelrand überschreitet, möchte er es wissen! Erschöpft liegt die weiße Frau auf einem Deckenhaufen. Sie lässt geschehen, was auch immer kommen wird. „Immer die Hand in diesem Tuch lassen. Es darf kein Wind dahin kommen,“ ordnet der Skorpionstich erfahrene Mann an. Welcher Wind, wundert sich Esthes. Es ist warm und stockend in Omars Hütte.
Es klopft. Omars Vater tritt trotz fortgeschrittener Stunde ein. Hamed lässt sich wirklich selten in Omars Reich blicken. Ein fast weißhäutiger Mann im selben Alter wie er folgt ihm. Er hat ein gütiges Gesicht, blaue Augen und arabische Gesichtszügen. Er trägt eine leinenfarbige Kedwarra. Er wirkt adrett und sieht irgendwie intellektuell aus. Der ältere, gut aussehende Herr setzt sich neben Esthes auf den Boden. Er lächelt sie gütig an. Er grummelt etwas auf Arabisch und schaut dabei zu Omar. Daraufhin löst Omar die Kordel von ihrem Handgelenk. Der Herr mit dem gütigen Gesicht berührt die verwundete |
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