Kurzgeschichten > Menschen |
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Das Mädchen antwortete gelassen, als ob sie jeden Tag solche Unterhaltungen führen würde: „Ja das ist wahr, Sie haben länger gelebt als ich, und vielleicht haben Sie auch mehr Erfahrungen als ich. Aber eines kann ich Ihnen versichern. Das Leben geht immer weiter. Egal wie nahe der Tod scheinen mag, oder wie verzweifelt man ihn sich wünscht. Denn da ist immer jemand, der deine Hand nehmen möchte und dich ins Leben ziehen möchte.“ Sie streckte vorsichtig ihre zarte Hand aus.
Sie war ebenso weiss und leichenblass wie ihr Gesicht.
Der Mann starrte seine Schuhe auf der Betonbrüstung an. Schon wieder rann ihm eine Träne über die Wange, aber diesmal nicht aus Verzweiflung, sondern weil er wusste, dass sie Recht hatte.
Er hob den Kopf und sah in den nachtschwarzen Himmel hinauf. Dann ergriff er zögernd ihre Hand. Er hatte Angst, dass er sie zerquetschte, so fein war sie.
Er senkte seinen Fuss von der Brüstung auf die Brücke hinunter. Dann den anderen. Ganz langsam.
Er nickte.
Es ging weiter.
Das Mädchen hob den Kopf und ein sanfter Luftzug spielte in ihren Haaren.
Der Mann lächelte.
Ihre Augen waren zitronengelb.
19. Oktober 2009 |
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