Kurzgeschichten > Mystery |
 |
|
Ein alter Mann mit verwittertem Gesicht, schlecht rasiert und mit einer unpassenden Frisur. Er war alleine, nicht nur auf diesem Foto. Er hatte niemanden. Niemanden, der sagte, dass er vergessen hatte sich zu rasieren und sich den Schlaf aus den Augen zu wischen, niemanden, der mit ihm zum Friseur ging oder ihm eine passende Krawatte zu dem Jackett kaufte und niemanden, der ihm in letzter Zeit ein Lächeln auf das Gesicht gezaubert hatte.
Doch die ganze Tragik wirkte erst im Zusammenspiel von Augen, Gesichtsausdruck und den mickrigen zehn Quadratzentimetern billigen Fotopapier.
Georgs bekümmerte Augen wanderten zum zweiten Bild. Der Alte war nun nicht mehr alleine. Eine Gestalt war hinter ihm aufgetaucht und der Alte hatte aus kaum mehr als einem Reflex den Kopf leicht nach hinten gedreht. Es war ein Reflex, kein bewusstes Handeln. Ein Reflex gedämpft von der Trägheit eines langen und nun müden Lebens.
Das zweite Foto hielt den Moment zwischen Reflex und bewusstem Wahrnehmen fest, exakt den winzigen Moment, den eine Information braucht, um über die Nervenbahnen vom Auge ins Gehirn zu gelangen.
Auf dem dritten Bild waren neben dem immer noch verwackelten und damit unidentifizierbaren Gesicht der fremden Gestalt im Hintergrund nun auch deren Hände aufgetaucht. Mit der linken Hand zog er den Kopf seines Opfers nach hinten und gab so dessen Kehle der unterarmlangen, glänzenden Klinge frei, die er mit rechten Hand umklammert rasch zur Seite zog.
Als hätte die Technik ein Erbarmen mit einem unvorbereiteten Betrachter, gab sie die grausige Szene nur verschwommen wieder, unterstrich mit dieser fixierten Geschwindigkeit allerdings nur die Machtlosigkeit des Alten.
|
 |
zurück |
Seite
von 5 |
|
 |
Kommentare (0) |
|