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Spuren in der Nacht
von cueqzapper >>
Mein bester Freund wollte sich das Leben nehmen. Jetzt liegt er da, auf der Intensivstation, und kämpft ums Überleben. Ich warte schon seit Stunden darauf, dass sein Bewusstsein wieder zu ihm zurückfindet. Die Ärzte sagen, es sieht schlecht aus. Ein Sprung aus dem 10. Stock ist bekanntlich tödlich. Wäre nicht ein Auto just in diesem Moment unten durchgefahren, wäre die Sache klar gewesen. Der Autofahrer steht unter Schock, wie wir alle. Keiner hätte geahnt, dass es so schlimm um ihn steht. Dabei war er so vernünftig. Wir haben oft zusammen über den Tod gesprochen. Ich wollte ihn davon überzeugen, dass es nach dem Tod nicht fertig sein könne. Er hat mir dazu nur gesagt, dass man vor dem Leben ja auch nicht da gewesen sei. So würde es auch sein, wenns zu Ende ist. Somit war die Diskussion für ihn beendet. Jetzt liegt er da und die Dunkelheit die seine Seele still umschloss, dringt aus ihm heraus und erfasst den ganzen Raum. Kein Licht der Welt kann seine Trauer erhellen. Ich bin gefasst, soweit; gefasst. Er nimmt mich ein, in diesem Moment und ich weiss, er wird mich nie mehr los lassen. Ich will nur noch kurz mit ihm sprechen. Ihm sagen, dass ich nicht böse auf ihn bin. Ihm noch danke sagen, er war schliesslich da für mich und wenn er jetzt gehen will, dann ist das seine Entscheidung. Aber einfach so, ohne sich zu verabschieden, so kann man nicht gehen, finde ich. Er findet nicht. Auch nicht zurück. Ich stehe ganz alleine an seinem Bett. Und alle sind sie gekommen. Eltern, Kollegen, Freunde, auch ich. Wenn einer die Regeln bricht und einfach geht, dann fühlen sich die andern verletzt. Ich finde es ist gut zu gehen, wenn die Zeit da ist. Wenn sie da wäre. Aber sie ist vorbei. Seine Dunkelheit ist jetzt meine. Jetzt bin ich alleine und er auch. Er kämpft mit dem Tod. |
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