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Und dann verschwand sie mit der Maid.
Die Mutter blieb erbost zurück
und krümmte sich vor lauter Leid –
auf ewig war zerstört ihr Glück.
Der Jungfrau schien es sonderbar,
dass sie auf ihre Flucht nicht drang.
Obwohl sie eine Beute war,
wurd ihr im Herzen gar nicht bang.
Man hatte plötzlich sie entführt,
doch fühlte sie sich nicht gequält.
Sie wurd sogar vom Stolz verführt,
denn Zeus wohl hatte sie erwählt.
Wie zärtlich war des Weibes Blick,
als fest in Armen es sie hielt.
So beugte sie sich ihrm Geschick,
als wär das Ganze nur gespielt.
Alsbald erhellte sich der Raum,
in dem verschwitzt im Bett sie lag.
Da schreckte hoch sie aus ihrm Traum;
ihr war, als träfe sie ein Schlag.
Und schon vorbei war diese Nacht;
die Sonne schien ihr ins Gesicht.
Soeben war die Maid erwacht,
doch gut erholt fand sie sich nicht.
Europa wusste nicht so recht,
was grad mit ihr geschehen war.
Sie dachte nur: »Es war so echt,
was ich geträumt – wie sonderbar!«
Ihr Innres war vom Traum erbebt;
sie starrte lange vor sich hin.
Sie hatte ihn so klar erlebt
und suchte eifrig seinen Sinn.
Doch konnte sie ihn nicht verstehn,
denn ihr Verstand war viel zu schlicht.
Sie konnte noch die Weiber sehn,
als stünden vor ihr sie ganz dicht.
Sie saß nun aufrecht in ihrm Bett
und war wie nie zuvor erregt.
Sie blieb ganz steif dort wie ein Brett
und war im Geiste bloß bewegt. |
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