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Ihre Freundin seufzte genervt. „Seht ihr das Cafe dort drüben? Ich werde auf die Toilette gehen und fragen, ob sie ein Telefon haben. Meine Mutter möchte, dass ich sie täglich anrufe.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, lief sie zu dem Gebäude.
Nachdem sie sich die Hände gewaschen hatte, musterte sich Sarah Stirn runzelnd im Toilettenspiegel. Sie versuchte ihr zersaustes hellblondes Haar mit den Fingern zu bändigen. Als ihr das gelungen war, besah sie ihr Gesicht kritisch. Ihre Mutter und Großmutter sagten ihr täglich wie hübsch sie wäre. Sie fand sich jedoch langweilig, nichts sagend. Genauso wie ihr Leben. 'Genieße deine Kindheit so lange du kannst.', sagte ihre Mutter immer, wenn sie mit ihr über ihre Gedanken sprach. Doch Sarah wollte nicht mehr Kind sein. Sie wollte wie ihre schöne Lieblingsbuchheldin Melissa reisen, die Welt entdecken. Wie Melissa wollte sie das Leben voller Leidenschaft auskosten und ihre große Liebe kennen lernen. 'Sie ist noch so naiv.', sagte ihre Großmutter immer. 'Sie begreift gar nicht, wie gut es ihr hier geht.' Sarah war in einem goldenen Käfig aufgewachsen, welcher erst nach der Scheidung ihrer Eltern allmählich zu brechen begonnen hatte. Manchmal schien es dem Mädchen, als hätte ihr Leben erst begonnen, nachdem ihr Vater endlich gegangen war. Natürlich sagte sie ihrer Mutter nichts von diesen Gedanken. Diese wäre sehr verletzt. Ganz im Gegensatz zu ihrer Großmutter, welche abends stets in den Garten ging um ihren Naturgeistern dafür zu danken. Sarah empfand den schon sehr alten Naturglauben ihrer geliebten Großmutter als befremdlich. Sie hatte sich aber vorgenommen, sich mehr davon erzählen zu lassen. Auch damit wäre ihre Mutter, welche diesen schon lange nicht mehr praktizierte, gewiss nicht einverstanden. Sie verleugnet nur äußerlich. |
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