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Kurzgeschichten > Alltag
nachdenklich auf meine ohnehin leichtgewichtige Geldbörse.
Der zweite Kammerjäger erschien gleich Anfang Nachmittag. Sein Äußeres war gepflegt: Er trug einen sauberen Overall und seine lederne Werkzeugtasche war, genau wie seine Schuhe, frisch poliert. Er trat erst in meiner Wohnung ein, nachdem er sich unaufgefordert mittels Visitenkarte, Personalausweis und amtlicher Arbeitserlaubnis zweifelsfrei identifiziert hatte.
Ich führte ihn gleich zur Küche. Die vorgerückte Küchenkombination und die Spuren, die das Brecheisen hinterlassen hatte, sprachen Bände.
„Ich hoffe, dass Sie ihm nicht alles ausbezahlt haben”, entgegnete der Kammerjäger. Er hatte allein aufgrund der Indizien mein gesamtes vormittagliches Missgeschick geistig rekonstruiert.
„Nur fünfzig Prozent.”
„Wollen Sie ihn anzeigen?”
„Auch arme Schlucker müssen leben.”
„Wie wahr”, antwortete der Kammerjäger mit gütigem Blick. Dann wandte er sich den Insekten zu. Ich erkannte, wie er glasige Augen bekam.
„Ist etwas nicht in Ordnung?”
„Doch, doch. Es ist nur ... es ist eine noch so junge Familie. Selbst nach Jahren kann ich mich nicht an diesen Schritt gewöhnen. Aber es ist nun einmal mein Job.”
Aus seiner ledernen Tasche nahm er eine kleine Ampulle hervor.
„Keine Angst”, versicherte er mir, als wenn er meine Gedanken lesen konnte. „Es handelt sich um rein natürliche Essenzen. Ein altes Familienrezept, ganz homöopathisch. Im Winter kann man es auch Luftbefeuchtern beigeben. Dadurch wird die Wohnung von einem sanften Waldgeruch erfüllt.”
„Und die Schaben?”
„Sie werden nur einen vertrauten Duft realisieren und dann sanft entschlafen ...”, diesmal kollerten dem Kammerjäger dicke Tränen von der Wange herab.
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