Kurzgeschichten > Gesellschaftskritisches |
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waren weinende, obdachlos gewordene Personen zu sehen. Immer wieder sah Norbert Polizeiautos und Leichenwagen durchs Bild fahren, gelegentlich sogar Panzerwagen der Bundeswehr. Zwischendurch erklärten TV-Psychologen, warum der Tag ohne Gesetz schlimm sei. Häusliche Gewalttaten und Beziehungsdelikte konnten nur exemplarisch thematisiert werden – zu groß war die Zahl derjenigen, die aus Eifersucht oder ähnlichen Motiven Menschen getötet hatten.
Norbert legte sich auf die Couch, schloss seine Augen, um sie zu schonen, und hörte nur noch zu. Die Zeit verging dabei wie im Flug. Er öffnete seine Augen nur, um nach einer Flasche Bier, Salzstangen, Chips oder Schokoriegeln zu greifen. Als die Dämmerung gekommen war, schaltete er den Fernsehapparat aus. Er hatte schließlich noch etwas äußerst Wichtiges zu erledigen und wollte sich tatsächlich auf die Straße wagen. So zog er sich eine leichte Lederjacke über und holte aus dem Schlafzimmer die Pistole, die er sich bis zum Griff an seinem Rücken zwischen Hose und Hemd steckte. Danach nahm er sich den Autoschlüssel und steckte seine Papiere ein. Nachdem er ins Treppenhaus gelangt war, verschloss er sorgfältig seine Wohnungstür und bemerkte, dass offensichtlich die übrigen Hausbewohner gebannt vor ihren Fernsehern saßen, denn die Stimmen von bekannten und eben noch gehörten Nachrichtensprechern und Journalisten drangen aus anderen Wohnungen in seine Ohren. In der Tat – aus jeder Wohnungstür, an der er vorbeikam, hörte er den Fernseher herausdröhnen. So auch an der Tür von Frau Breuckmann, die er für eine Klatschbase und Spießerin hielt, weil sie ihn des Öfteren wegen zu lauter Musik oder ähnlicher Dinge bei der Polizei gemeldet |
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