Kurzgeschichten > Gesellschaftskritisches |
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aus, die Schüsse simulieren sollten. Da er nicht wusste, ob die Waffe noch funktionstüchtig war, nahm er sich vor, morgen einen Probeschuss abzugeben. Er versteckte sie nun beinahe zärtlich unter sein Kopfkissen und ging anschließend in die Küche, um sich ein Abendessen zu bereiten. Danach legte er sich im Wohnzimmer für einige Stunden auf die Couch, um sich ein wenig auszuruhen und noch einmal über sein morgiges Vorhaben nachzudenken. Nachdem er die Kirchenglocken dreimal läuten gehört hatte, schaltete er den Fernsehapparat wieder ein. In fünfzehn Minuten würde der Tag ohne Gesetz beginnen. Er ging nervös im Wohnzimmer auf und ab; dabei zappte er ständig mit der Fernbedienung herum. Nachdem er sich um eine Minute vor Mitternacht auf einen Privatsender festgelegt hatte, ließ er sich in den Sessel gleiten und wartete wie Millionen Deutsche gespannt auf den Tageswechsel, der schließlich in den Medien feierlich und spektakulär angekündigt wurde. Trotz der aus dem Fernseher dringenden Töne vernahm er die vier Glockenschläge der ungefähr 150 Meter entfernten Kirche in seiner Straße. Der Tag ohne Gesetz war gekommen und sollte ganze 24 Stunden dauern.
Norbert ging noch einmal zur Wohnungstür, um zu überprüfen, ob sie auch fest verriegelt war. Danach machte er fast alle Lichter aus und schlich mit einer Taschenlampe bewaffnet wie ein Krimineller durch seine eigene Wohnung. Er begab sich ins Wohnzimmer ans große Fenster und zog so leise wie irgend möglich den Rollladen um wenige Zentimeter nach oben, um einen kurzen Blick auf die Straße zu riskieren: Dort schien noch alles ruhig zu sein. Schnell ließ er den Rollladen wieder nach unten und auch beim anschließenden Blick in den |
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