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Ich bin ein Eisbär
und der Zipfel meiner Bettdecke
die Spitze des Eisbergs
wie aus weissem Fell
und mein Gesicht
wie eine weiche Pfote im Schnee ,
ich höre ein tiefes Dröhnen aus der Erde
und bleibe noch etwas liegen.
Dann wird es still,
ganz still.
Draussen ist es Herbst
und die weissen Rosen
auf dem Balkon leuchten.
Ich halte
die noch warme Hand meines toten Vaters
in meiner eigenen
und stelle mir die stillgelegten Hände
all jener vor,
die jemals auf die Welt gekommen sind.
Wer Hände hat,
der umklammere eine heisse Tasse Tee
oder schneide sich
mit dem Küchenmesser in den Finger.
Vielleicht ist es wie mit einem leeren Zimmer
oder einer Tür,
die sich mit dem Wind wie von selbst öffnet.
Die Verbindung zu den Dingen
ist ganz dünn geworden
und eine grosse, weiche Wärme
wartet draussen wie ein Tier.
Wie nochmals
eine letzte Stimmung der Jahreszeit
zu uns hereindringt
und wir dann
bei unser eigenen Geburt
ankommen
und einwärts ziehen.
Ungeboren
habe ich den Tod hinter mir
und warte auf mein Zeichen,
springe und falle unaufhaltsam
durch den Himmel
und reisse ein Stück Wolke mit
und wundere mich,
dass ich noch immer bei mir bin.
Die Platzanweiserin
wirbelt um die Welt
und ein Engel
leiht mir seine Flügel.
Ich schweige absichtlich,
um der Stille einen Eingang zu verschaffen.
Wer hört noch,
wenn ein Mensch aus dem Fenster fällt?
Wer hört noch,
bevor er springt?
Und wie sieht ein Rufeisen aus?
Ich schiebe meinen Arm
unauffällig über meine Augen
und empfinde,
dass gerade jetzt
die Einsamkeit am Südpol gross ist.
Das Telefon klingelt
meine festgefrorenen Füsse
aus dem Eis
und eine Stimme
taut freundlich auf.
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