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Romane > Menschen
schaut mir zu.
„Hör zu“, fängt Frau Winter an, „Ich sehe, dass es dir nicht gut geht. Aber der Sprung gerade war schon um einiges besser, als die Versuche davor. Ich würde vorschlagen, wir belassen es dabei und du gehst heute fünf Minuten früher.“
Schweigend komme ich von der Bahn und nehme meine Wasserflasche und die schwarze Jacke mit in die Umkleidekabine. Als ich merke, dass Paula mir folgt, beschleunige meine Schritte und setze mich schnell auf eine der alten Holzbänke. Ich starre auf meine Rollschuhe und trinke einen Schluck aus der Flasche. Paula setzt sich neben mich und schaut ebenfalls auf ihre Füße, an denen keine Rollschuhe sind. Ich weiß, dass sie das Training vermisst. Ich würde alles dafür tun, dass Paula anstatt mir trainieren könnte. Doch leider sind wir im Moment beide kaputt, sie von außen, ich von innen. Wie zwei Roboter, deren Schrauben man wechseln müsste, sitzen wir nebeneinander auf der Bank und schweigen uns an. Zwischen uns das Gebirge aus Eifersucht und schlechtem Gewissen.
Vor ungefähr eineinhalb Jahren waren wir in genau derselben Situation. Allerdings war Paula nicht verletzt und trainierte mit. Ich hatte Streit mit Chris und schlechte Noten in der Schule. Als ich zornig in unsere Umkleidekabine lief, kam Paula mir hinterher und wollte mich trösten. Sie war immer für mich da, wenn es mir schlecht ging. Immer. Und was habe ich gemacht? Ich habe sie angefaucht und all meine Wut auf meine arme Schwester herabregnen lassen, die am wenigsten Schuld an meiner schlechten Laune hatte. Ich habe mich niemals dafür entschuldigt. Dadurch ist das Gebirge zwischen uns noch größer geworden.
Jetzt, eineinhalb Jahre später, sitzen wir wieder hier,
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