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nebeneinander in der kleinen Umkleidekabine, in der wir mit fünf Jahren zum ersten Mal Rollschuhe angezogen haben. In dieser Umkleidekabine sind wir groß geworden. Pro Woche zweimal Training, später viermal. Und die Umkleide ist mit uns älter geworden. Längst sieht sie nicht mehr so frisch und sauber aus wie vor neun Jahren. Die Wände sind beschrieben mit irgendwelchen Sprüchen, Namen und Unterschriften. Staub und Spinnennetze schmücken die alten Fenster. Die weiße Holztür, durch die man in die Halle kommt, knarrt und ächzt, wenn man sie öffnet. Die Bänke haben Risse; man muss aufpassen, dass man sich keine Laufmasche in die Strumpfhose reißt, wenn man sich darauf setzt.
„Lu?“, fragt Paula vorsichtig. Sie hat mich seit zwei Jahren nicht mehr so genannt. Seit dem Tag, an dem ich meine Tage bekommen habe. Als ich angefangen habe, erwachsen zu werden.
„Mau.“ Ich erwarte nichts von ihr. Keine Entschuldigungen, keine endlosen Diskussionen und erst recht keine langen Vorträge, dass mein Verhalten ihr gegenüber fürchterlich war.
Doch tut es gut, ihren alten Kosenamen wieder auszusprechen.
„Schatz?“, ertönt es hinter der Tür. Es ist Chris. „Kommst du? Wir wollten doch noch zu mir.“
Langsam öffne ich meine Rollschuhe und ziehe sie mir von den Füßen. Als ich aufstehe und die Rollschuhe in die Tasche stelle, werfe ich Paula einen kurzen Blick zu, doch sie schaut weg.
Ist es vielleicht schon zu spät?
Chris brettert mit mir auf dem Rücksitz durch die Straßen. Ich habe es gewusst: weißes Poloshirt, Prada-Sonnenbrille, Ohrstecker.
Ich denke die ganze Zeit an Paula. Sie hat mich „Lu“ genannt. Und das war mehr wert, als alles was sie hätte sagen können.
Zum Glück brummt |
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